Während sich Veganer ganz bewusst gegen das tierische Eiweiß Gelatine entscheiden, liegt wiederum anderen der Gedanke schwer im Magen, Weingummi samt Schweineschwarten und Knochen zu essen.
Glücklicherweise gibt es zahlreiche gelatinefreie Alternativen, die ganz natürlich andicken, binden oder gelieren. Wir stellen dir die einzelnen Produkte vor und geben dir köstliche Rezeptvorschläge mit an die Hand, die garantiert frei von Gelatine sind.
Was ist Gelatine?
In Europa wird Gelatine für Gummibärchen zum größten Teil aus Schweineschwarten hergestellt.
Bei der Herstellung werden zunächst Bindegewebe, Knochen und Co. mithilfe von Säuren und Basen hydrolysiert (aufgeschlossen), damit sich das dabei flüssig werdende Kollagen extrahieren (gewinnen) lässt.
Die stabilisierende Wirkung des Kollagen wird genutzt, um Lebensmitteln in Form zu bringen.
Angeboten wird geschmacksneutrale Gelatine in pulverisierter Variante oder in Blattform, die vor der Verwendung in Wasser eingelegt und anschließend ausgedrückt wird. Beide Produkte, die in der Backabteilung des Supermarktes zu finden sind, werden in weiß und rot – typischerweise als farblich passender Überzug für Erdbeerkuchen – angeboten.
Gute Gründe Gelatine zu ersetzen
Doch nicht nur die Vorstellung, aufgeweichte Schwarten und Knochen tummeln sich in Gummibärchen, sollte Grund genug sein, auf vegetarische Alternativen zu setzen.
Wer sich für das Tierwohl einsetzen und sich klar gegen Tierquälerei positionieren möchte, sollte auf Gelatine nicht nur beim Backen verzichten, sondern alle gelatinehaltigen Produkte im Regal stehen lassen. Da es außer für Fischgelatine keine Kennzeichnungspflicht gibt, lässt sich nämlich nicht nachvollziehen, von welchem Tier sie stammt oder unter welchen Bedingungen es gelebt hat. Es ist davon auszugehen, dass ein großer Teil von Tieren aus Massentierhaltung stammt.
Glücklicherweise lässt sich Gelatine ganz einfach ersetzen.
Wo ist Gelatine enthalten?
Auch die klassischen Gummibärchen bzw. Weingummi, zahlreiche Kaubonbons und Marshmallows enthalten Gelatine.
Beliebte Desserts wie Bayrisch Creme oder Joghurt-Mousse werden ebenfalls mit Gelatine in Form gehalten. Gleiches gilt für Tortenfüllungen und Gebäckcremes. Nicht zuletzt kann auch Tortenguss - der typischerweise Obst-Biskuitkuchen ein glanzvolles Topping verleiht – gelatinehaltig sein. Sogar in Käsekuchen tummelt sich mitunter Gelatine.
Auch in Getränken – zum Beispiel bei Saft oder Wein - kommt Gelatine zum Einsatz, um Trübstoffe zu binden und die Getränke zu klären. Auf diese Weise entsteht u. a. klarer Apfelsaft. Da die Gelatine den Getränken nicht zugesetzt wird, sondern nur der Klärung dient, muss sie nicht auf der Zutatenliste stehen. Ein Grund mehr, den natürlichen, naturtrüben Apfelsaft samt Fruchtbestandteilen zu bevorzugen.
Gut zu wissen: Steht „vegan“ auf der Saft- oder Weinflasche, handelt es sich um ein naturtrübes Produkt oder um ein pflanzlich geklärtes Getränk.
Doch nicht nur liebliche Speisen, sondern auch herzhaftes Essen kann Gelatine enthalten. Fleisch wird diesbezüglich in Form von Sülze oder als Wurstwaren in Aspik angeboten. In Würsten – beispielsweise in Hot Dogs – wird Gelatine verwendet, um die Konsistenz zu verbessern. In einigen Frischkäsesorten und Streichkäse sorgt Gelatine wiederum für mehr Textur.
Auch zahlreiche Lightprodukte wie Fruchtjoghurt sind gelatinehaltig und nicht vegetarisch, da sie u. a. den reduzierten Fettgehalt geschmacklich ausgleichen sollen.
Ist Tortenguss dasselbe wie Gelatine?
Allerdings kann Tortenguss auch mit Gelatine zubereitet werden, so dass nur eine Nachfrage in der Bäckerei oder beim jeweiligen Hobbybäcker Klarheit bringt.
Tortenguss selber machen
Der restliche Saft wird aufgekocht, der Stärke-Mix unter Rühren zugegeben, kurz aufgekocht (dabei weiterrühren) und über deinem Lieblingskuchen mit Pfirsich-, Erdbeer- oder Obst-Mix-Topping verteilt. Für die perfekte Konsistenz lohnt es sich, je nach Saftart und Löffelgröße etwas zu experimentieren, bevor du deine Gäste willkommen heißt.
Während du säurehaltigen Saft wie Johannisbeersaft zusätzlich etwas süßen solltest, verträgt beispielsweise roter oder weißer Traubensaft einen Spritzer Zitronensaft. Dadurch entsteht ein harmonisches Süß-Sauer-Verhältnis.
Womit kann man Gelatine ersetzen?
Agar-Agar
Guarkernmehl
Johannisbrotkernmehl
Pektin
Speisestärke auf Basis von Kartoffeln oder Mais
Sago
Carrageen
Gelierendes Alginat & Xanthan
Noch mehr Infos rund um die vegane Ernährung:
1. 'Maritimes' Geliermittel Agar-Agar
Dieser Gelatineersatz wird aus getrockneten Meeresalgen gewonnen und in der Regel in pulverisierter Form angeboten. Agar-Agar kannst du fast überall dort einsetzen, wo klassische Gelatine verwendet wird. Von Fruchtgelées über Tortenguss bis hin zu zahlreichen Desserts.
Da die einzelnen Produkte eine unterschiedliche Gelierwirkung besitzen, kann dir ein Blick auf die Verpackung weiterhelfen. Damit Agar-Agar seine Gelierfähigkeit entwickelt, muss es aufgekocht werden und beginnt nach wenigen Minuten anzudicken.
Weil Agar-Agar keinen Zucker benötigt, um zu gelieren, ist es der perfekte Begleiter für alle Hobbyköche, die den Zuckeranteil reduzieren möchten oder alternative Süßungsmittel bevorzugen.
2. Guarkernmehl für Eis, Konfitüre & Gelées
Das in der EU als Lebensmittelzusatzstoff zugelassene Bindemittel Guarkernmehl basiert auf gemahlenen Samen der Guarpflanze. Es wird typischerweise für cremiges Eis genutzt.
Da es auch die Fähigkeit besitzt, Flüssigkeit zu binden und dieser eine festere bis zählflüssige Konsistenz zu verleihen, findet es auch Anwendung zum Andicken bzw. Gelieren von Gelées und Brotaufstrichen bzw. Konfitüre. Allerdings wird die gelierende Wirkung durch Zucker reduziert.
Kulinarische Inspirationen: Du liebst Baiser und wünschst dir ein veganes Pendant zum Klassiker zum Verzieren von Torten oder zum Naschen?
Für pikante Köstlichkeiten à la vegane Saitanrostbratwurst zu Pommes Rot-Weiß kannst du ebenfalls die Bindekraft von Guarkernmehl nutzen. Und deine eigene tierfreundliche Mayo – auf Wunsch als vegane Mayonnaise à la Eckmeier –, kannst Du auch mit diesem pflanzlichen Gelatineersatz andicken.
3. Johannisbrotkernmehl als Gelatineersatz
Das pflanzliche, geschmacksneutrale Bindemittel Johannisbrotkernmehl wird aus den Früchten des Johannisbrotbaumes hergestellt. Es kann zum Binden von Dressings, Saucen und Cremespeisen genutzt werden.
Während Backwaren durch den Zusatz von Johannisbrotkernmehl eine angenehm lockere Konsistenz bekommen, kann es auch als Ersatz für Mehl, Stärke oder Eigelb in Mayonnaisen oder Saucen verwendet werden. Im Gegensatz zu Agar-Agar muss es für eine gelierende Wirkung nicht aufgekocht werden.
Du wünschst dir ein paar kulinarische Inspirationen für den Sommer? Dann lege ich dir unser veganes Stracciatella-Kokoseis oder die verführerische Chocolate Cookie Dough Icecream ans Herz. Allerdings kannst du Johannisbrotkernmehl auch für herzhafte Kreationen à la vegane Remoulade mit frischen Kräutern zu Kartoffeln, veggie Burgern und Co. verwenden.
4. Der Klassiker: Pektin für Konfitüre
Das pflanzliche Geliermittel Pektin ist ballaststoffreich und wird insbesondere aus Äpfeln und Zitronen – aber auch aus Beeren oder Quitten – gewonnen. Es ist vor allem zum Gelieren von Konfitüre beliebt. Darüber hinaus kannst du Apfelpektin und Co. auch zum Andicken von Fruchtgelées, Eiscreme und als Gelatineersatz für Tortenguss verwenden. Pektin wird darüber hinaus auch zum Gelieren von Fruchtgummi verwendet.
5. Überall zu kaufen: Speisestärke auf Basis von Kartoffeln oder Mais
Stärke eignet sich nicht nur zum veganen Binden von Bratlingen und Kartoffelpuffern als Alternative zum klassischen Ei, sondern auch zum Andicken von Desserts. In diesem Zusammenhang sind Cremespeisen und Tortengüsse zu nennen.
Fertiges Puddingpulver zur Herstellung von Vanille- oder Schokopudding basiert ebenfalls auf der bindenden Kraft von Speisestärke. Auch in veganem Fruchtgummi wird Stärke typischerweise als Gelatineersatz genutzt.
Ich verwende Stärke mit Vorliebe, um fruchtiges Apfelkompott oder Rote Grütze zu binden, weil ich die stichfeste Konsistenz liebe. Dadurch lässt sich Kompott oder Pudding auf Wunsch sogar stürzen. Diesbezüglich favorisiere ich Kartoffelstärke, da mir das leicht parfümierte Aroma von Maisstärke (persönliche Empfindung) nicht so zusagt. Ein weiteres Plus: Stärke ist günstig und im Gegensatz zu anderen Bindemitteln überall zu kaufen.
6. Sago – Ein Klassiker aus Omas Zeiten
Bei Sago handelt es sich ebenfalls um ein Bindemittel auf Stärkebasis, welches allerdings in Form kleiner Körnchen daherkommt. Vermutlich weckt es bei einigen Personen Kindheitserinnerungen, da es früher gerne zum Binden von Fruchtgrützen zum Einsatz kam.
Der Name stammt von der stärkereichen Sagopflanze, wobei es teilweise auch aus Kartoffelstärke gewonnen wird.
Dieses pflanzliche Bindemittel quillt in heißer Flüssigkeit ungefähr um das Dreifache auf und entwickelt seine Bindekraft beim anschließenden Abkühlen. Um zu verhindern, dass die Flüssigkeit eine breiartige Konsistenz bekommt, sollte Sago nicht zu lange gekocht werden. Dadurch behalten die Stärkekörner ihre kugelartige Form.
Neben veganen Puddings und Fruchtgelées wird Sago auch für Obstgrütze und Suppen verwendet, auch wenn es etwas aus der Mode gekommen ist.
7. Carrageen aus Rotalgen für vegan geklärten Wein
Bei Carrageen handelt es sich um langkettige Kohlenhydrate auf Basis roter Algen. In der Industrie wird Carrageen beispielsweise genutzt, um veganen Wein – als Alternative zu Gelatine aus Fischgräten – zu klären. Zusätzlich wird dieser Gelatineersatz als Verdickungsmittel für Babynahrung, Desserts, Eis und Konfitüren eingesetzt.
Für selbstgemachte Rezepte ist dieser Gelatineersatz bisher eher untypisch und größtenteils nur in Apotheken oder Onlineshops erhältlich. Allerdings gibt es ausreichend Alternativen wie Stärke oder Pektin, um Marmelade und Co. in den eigenen vier Wänden zu binden.
8. Gelierendes Alginat & Xanthan
Während der Lebensmittelzusatzstoff Alginat – wie der Name schon vermuten lässt – aus Algen gewonnen wird, handelt es sich bei Xanthan um ein kohlenhydrathaltiges Produkt, welches mithilfe von Bakterien hergestellt wird.
Alginate werden in der Lebensmittelindustrie und in der Gastronomie als Gelatine-Ersatz für Backwaren, Eiscreme, Gelées und Konfitüren genutzt. Teilweise wird es auch in Mayonnaise, Salat- bzw. Snacksoßen und sonstigen Fertigprodukten eingesetzt.
Für wasserlösliches Xanthan ist die Gelbildung von Flüssigkeiten charakteristisch, so dass es gerne für Gelées, Marmeladen und Desserts verwendet wird.
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Titelbild: SevenCooks