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Vanilla Bean: Vom veganen Restaurantführer zum ersten nachhaltigen Lieferdienst

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von FlorianCooks

20.2.2019

Vier Freunde gründeten 2015 das Unternehmen Vanilla Bean. Mit der gleichnamigen App haben sie den größten deutschsprachigen Restaurantführer für Veganer entwickelt. Jetzt möchten sie mit dem "ersten verpackungsfreien und veganen Restaurant-Lieferdienst" die Art verändern, wie wir Essen bestellen. 100.000 Euro an Investitionsgeldern haben sie für dieses Projekt bereits eingesammelt. Wir haben mit Gründer Fabian Kreipl darüber gesprochen, wie er vegane Restaurants auswählt, was "faire Bezahlung für Auslieferer" bedeutet - und warum es gar nicht so einfach ist, kompostierbare Lieferboxen zu entwickeln.

Fabian, 2015 hast du mit drei Freunden „vanilla bean“ gegründet. Ihr seid ein veganer Restaurantführer für bewusste und nachhaltige Konsumenten. Was heißt das?

Wir wollen die wachsende Zielgruppe von Menschen, die sich bewusst ernähren und über ihre Ernährung Gedanken machen, mit genau den Restaurants zusammenbringen, die das passende Angebot haben. Wir sind 2015 zunächst in Österreich mit 250 Restaurants gestartet und ein paar Monate später in Deutschland an den Start gegangen. Mittlerweile sind wir aber auch in Frankreich, Großbritannien, Schweiz und den USA vertreten. Unsere Datenbank umfasst inzwischen über 33.000 Restaurants.

Ihr sagt, dass ihr in den genannten Ländern die größte Datenbank veganer Restaurants habt. Heißt, kaum jemand kennt sich auf dem Gebiet so gut aus wie ihr. Boomt der Markt gerade?

Ein Trend ist klar erkennbar: Wir bekommen jeden Monat zwischen 500 und 1000 Vorschläge an neuen Restaurants und können daran schön die Entwicklung – vor allem in Deutschland – sehen. Auch wenn die Gastronomie eine enorm hohe Fluktuation hat, können wir erkennen, dass deutlich mehr Restaurants mit veganen Gerichten aufsatteln, als dass bestehende Restaurants schließen. Allgemein lässt sich sagen, dass die vegane Gastronomie in Deutschland aber ein sehr urbanes Thema ist. Heißt, in größeren Städten sind mehr Restaurants mit veganen Gerichten vertreten, als auf dem Land.

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Ist das nur in Deutschland so oder auch in anderen Ländern?

Das kann man tatsächlich überall beobachten, wo wir den Guide veröffentlicht haben. Jedes Land ist aber ein bisschen anders. So gibt es in den USA vegane Restaurants hauptsächlich an den Küsten. New York, Los Angeles und San Francisco sind vegane Hochburgen. Dagegen wird es im Landesinneren sehr dünn. In Deutschland gibt es zum Beispiel im Osten sehr viel weniger vegane Restaurants, als in den alten Bundesländern. Warum das so ist, ist schwer zu sagen.

In welcher länderspezifischen Küche gibt es die meisten veganen Gerichte?

Wir beobachten, dass die asiatische Küche und vor allem die vietnamesische Küche sehr stark mit veganen Rezepten vertreten sind. Aber auch die arabische Küche und Restaurants aus Indien haben ein großes Angebot – im Gegensatz zur italienischen Küche. So gibt es wenig Pizzerien mit veganen Gerichten.

Kaum jemand kennt sich im Bereich vegane Gerichte und Restaurants aus, wie Fabian Kreipl von Vanilla Bean. Foto: Madeleine Schuster

Was sind eure Standards für veganes Essen – zählen auch Pommes oder ein „einfacher“ Salat – und kontrolliert ihr die Angebote?

Ein einfacher Salat oder Pommes zählen bei uns wirklich nicht. Es geht um ein Gericht, das den konventionellen Gerichten gleich ist. Beim Italiener müsste es etwa eine vegane Pizza sein und bei einem Eisladen müsste es ein veganes Eis geben – also immer das, was repräsentativ für die Küche ist. Wichtig ist auch, dass es auf der Karte klar deklariert ist. Ein einfacher Hinweis, dass sie auf Anfrage Gerichte auch vegan abändern, zählt nicht.

2019 wird ein spannendes Jahr für euch. Ihr wollt den ersten verpackungsfreien und veganen Restaurant-Lieferdienst an den Start bringen. Was muss man sich darunter vorstellen?

Unsere Mission ist, nachhaltigen Konsum mit guter Software so einfach wie möglich zu machen. Wir haben gesehen, dass sich immer mehr Menschen Essen nach Hause bestellen, Lieferdienste aber nicht nachhaltig sind. Kuriere werden ausgebeutet, es werden Unmengen Müll produziert und das hat teilweise ein solches Ausmaß erreicht, dass Menschen, die bewusst konsumieren, dort nicht bestellen. Sie haben einfach keinen Bock, einmal zu bestellen und dann eine kleine Müllhalde zu haben. Wir sehen da eine große Chance, den Leuten zu zeigen, dass man das auch nachhaltig umsetzen kann – und auch komplett ohne Verpackungsmüll. Dafür haben wir jetzt bei einer Crowdinvesting-Plattform ein Projekt gestartet und in weniger als zwei Wochen über 100.000 Euro gesammelt, um dieses Projekt auf die Straße zu bringen. Als erstes soll es den Lieferdienst in Berlin geben, dann wollen wir ihn ausbauen.

Ihr arbeitet dabei mit dem sozialverträglichen Logistikunternehmen Messenger zusammen, der auf Fahrrädern die Gerichte ausfahren wird. Logistikunternehmen stehen ja gerade in der Kritik. Was bedeutet in dem Zusammenhang sozialverträglich und war es schwer für euch solch ein Unternehmen zu finden?

Sozialverträglich bedeutet für uns, dass der Kurier auch ohne Trinkgeld von seinem Lohn leben kann und das ist uns auch sehr wichtig. Solch ein Unternehmen zu finden ist nicht einfach. Mit Messenger haben wir ein Unternehmen gefunden, das gut zu uns passt und schon lange auf dem Markt ist. Bereits in den 1990iger Jahren ist das Unternehmen mit Fahrradkurieren aus New York gestartet und geht seitdem seinen eigenen Weg. Die Kuriere bekommen 70 bis 80 Prozent des Auftrags und das ist weit über dem Mindestlohn. Normale Player zahlen dagegen nur ganz knapp über dem Mindestlohn.

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Das neue Ziel von Vanilla Bean ist, den Markt für Lieferdienste zu revolutionieren. Dafür sammeln Fabian Kreipl und Vanilla Bean Geld über eine Crowdinvesting-Initiative. Foto: Madeleine Schuster

Schlägt sich das dann auch auf die Liefergebühren bei euch nieder?

Die Lieferkosten sind ein wenig höher als bei anderen Diensten, aber wir schauen, dass wir mithalten können. Bei anderen Anbietern kosten die Gebühren in den meisten Fällen 2,90 Euro und bei uns sind es 3,90 Euro. Es wird bei uns mit der Zeit aber auch die Möglichkeit geben, diese Kosten zu reduzieren, etwa wenn ein anderer Kunde aus der gleichen Gegend auch bestellt hat, oder es eine Sammelbestellung gibt.

Die Produkte werden in speziellen Behältern aus Reisfasern geliefert. Wie kamt ihr auf die Idee und wie viel Reis steckt in solch einer Schale?

Bislang ist die Box nur ein Prototyp und besteht derzeit zu 30 bis 40 Prozent aus Reis. Wir sind aber dabei den Prototyp weiter zu entwickeln und den Bedürfnissen des Marktes anzupassen. Denn bislang ist es noch ein Verbundstoff. Heißt, es sind zwar Reisfasern drin, aber sie enthalten auch Bio-Polymere und Harze. Zwar wäre es kompostierbar aber das ist Augenwischerei, da es nur unter Laborbedingungen kompostiert werden kann. Hier haben wir in den letzten Wochen viel dazugelernt. Wir arbeiten nun mit Material- und Ökobilanzexperten zusammen und beziehen die deutsche Umwelthilfe mit ein – und ich kann jetzt schon sagen, dieser Prototyp wird es nicht bleiben. Am Ende wird es eine Box mit guter Ökobilanz sein, die auch nachhaltig ist.

Um zu wissen, ob ein Restaurant noch genügend Boxen hat, werden diese getrackt. Das bedeutet im Umkehrschluss ja auch, dass ihr tracken könnt, wo sich die Boxen befinden und dadurch möglicherweise auch an sensible Daten wie Bewegungsmuster von Kunden kommt. Müssen sich die Kunden um ihre Daten sorgen?

Das ist unkritisch. Natürlich müssen wir die Lieferadresse kennen, um die Box dann auch zu dir nach Hause oder in die Arbeit liefern zu können. Wichtig ist ja, dass man Daten, wie z. B. Adressdaten nicht weitergibt und das ist ein Thema, dass wir uns als nachhaltiges, gemeinwohlorientiertes Unternehmen auf die Mütze schreiben. Zur Erklärung: Das Boxen-Tracking ist theoretisch nur wichtig, um zu wissen, ob die Restaurants genügend Boxen haben. Wir haben gerade eine Pilotphase hier in Regensburg und nach den ersten Erfahrungen, wird das Thema auch wegfallen, weil sich die Restaurants einfach melden können, wenn sie Nachschub brauchen. Das ist in der Umsetzung auch viel einfacher.

Wie geht nach Berlin eure Reise weiter und könntet ihr euch vorstellen, dass später auch nicht vegane Gerichte bestellt werden können?

Unser Ansatz ist es ein rein veganes Angebot zu haben. Warum? Weil nur dieses Angebot wirklich nachhaltig ist. Wir haben die letzten Wochen und Monaten heiß diskutiert, ob man das Angebot bei der Bestellfunktion ausweitet. Wir haben uns dagegen entschieden, da es nicht wirklich mit unserer Mission zusammenpasst und wir in der Spezialisierung auch eine Chance sehen. Wenn man sich mit den Auswüchsen der Massentierhaltung und den desaströsen Umwelteffekten auseinandersetzt, wird schnell klar, dass wir konsumtechnisch damit anfangen müssen, eine andere Richtung einzuschlagen. Wir wollen dabei konsequent helfen und unsere Mission nicht aufweichen.

Danke Fabian für das tolle Gespräch.

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Titelbild: Madeleine Schuster

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