Gesund leben

Gesünder einkaufen: Was ist der Nutri-Score?

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von SimonCooks

7.3.2020

Ich habe das neue Kennzeichnungssystem für Lebensmittel unter die Lupe genommen und zeige dir, wie es funktioniert und wie es dir dabei hilft, gesünder einzukaufen.

Hier kannst du den Artikel anhören

Was ist der Nutri-Score?

Der Nutri-Score ist eine grafische Kennzeichnung auf Lebensmittelverpackungen, die uns helfen soll, gesünder einzukaufen.

Er besteht aus 5 Feldern mit den Buchstaben A bis E, die farblich gekennzeichnet sind. Und zwar von grün bis rot. "A" ist die beste Bewertung, "B" die schlechteste.

Ein Beispiel für die Lebensmittelkennzeichnung Nutri-Score mit der positiven Bewertung "A".
Der Nutri-Score besteht aus fünf Stufen: A (empfehlenswert) bis E (nicht so empfehlenswert).

Wie berechnet sich der Nutri-Score?

Um den Nutri-Score zu berechnen, werden günstige und ungünstige Inhaltsstoffe eines Lebensmittels gegenübergestellt.

Die ungünstigen sind:

  • Kalorien

  • Zucker

  • gesättigte Fettsäuren

  • Natrium

Die günstigen sind:

  • Obst, Gemüse und Nüsse

  • Ballaststoffe

  • Proteine

Nicht miteinberechnet werden zum Beispiel:

  • Vitamine

  • Mineralstoffe

  • ungesättigte Fettsäuren

  • Zusatzstoffe wie Geschmacksverstärker, Süßstoffe und Aromen

Jede ungünstige Zutate erhält Punkte nach folgender Tabelle:

Die Tabelle zeigt, wie viele Punkte im Nutri-Score für ungünstige Nährstoffe vergeben werden.

Davon werden die Punkte für positive Lebensmittel abgezogen:

Diese Tabelle zeigt die Punktevergabe für günstige Inhaltsstoffe in der Nutri-Score-Berechnung: Obst, Gemüse, Nüsse. Ballaststoffe. Proteine.

Je geringer das Resultat, umso besser der Nutri-Score:

  • A: -15 bis -1 Gesamtpunkte

  • B: 0 bis 2

  • C: 3 bis 10

  • D: 11 bis 18

  • E: 19 und mehr

Sonderfall Proteine

Positive Punkte für Proteine bekommt ein Lebensmittel nur, wenn es zuvor weniger als 11 negative Punkte bekommen hat.

Andernfalls wird der Proteingehalt überhaupt nicht miteinberechnet.

Eigene Regeln für Getränke

Das Punktesystem für Getränke funktioniert anders.

Die Bestnote "A" gibt es nur für Wasser. Alle anderen Getränke können maximal ein "B" erreichen.

Hinweise zur genauen Berechnung konnte ich bei meiner Recherche bisher leider nicht entdecken. Wenn du Informationen hast, mail sie mir gerne zu und ich ergänze sie.

Auf welchen Lebensmitteln finde ich den Nutri-Score?

Während ich diesen Text schreibe (letzte Überarbeitung war Ende März 2020), findet man den Nutri-Score noch nicht auf vielen Produkten.

Offiziell wollte ihn das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Sommer 2020 in die Läden bringen. Durch die Corona-Krise könnte sich das allerdings verzögern.

Selbst dann wirst du den Nutri-Score nicht auf allen Lebensmitteln finden, denn er ist nicht verpflichtend. Dazu später mehr.

Nutri-Score von einer App berechnen lassen

Für Lebensmittel, die nicht mit Nutri-Score gekennzeichnet sind, kannst du ihn dir von einer App berechnen lassen.

Sie heißt OpenFoodFacts und ist für iOS- und Android-Geräte verfügbar.

Diese App ist ein Open-Source-Projekt, das heißt: Du kannst alle Daten und den Programmcode einsehen.

Wenn du ein Produkt scannst, für das kein Nutri-Score berechnet werden kann, weil die Lebensmitteldaten noch nicht hinterlegt sind, wirst du gebeten, die Daten selbst einzugeben.

So wächst die Datenbank immer weiter mit allen Nutzern, die sich beteiligen.

Eine feine Sache, wie ich finde. Vor allem, weil manche Hersteller kein Interesse daran haben werden, negative Nutri-Scores auf ihre Produkte zu drucken. Mehr dazu im Fazit am Ende.

Wer hat sich den Nutri-Score ausgedacht?

Das Max-Rubner-Institut (MRI), die renommierteste deutsche Einrichtung für gesundheitlichen Verbrucherschutz im Ernährungsbereich, beurteilt den Nutri-Score als wissenschaftlich fundiert.

Das überrascht nicht. Denn er wurde vom französischen Gesundheitsministerium auf Grundlagen der Univerität Oxford erarbeitet.

Bevor das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft beschlossen hat, ihn einzuführen, ließ es Bürger über mögliche Alternativen abstimmen.

Wie sich bereits vorab angedeutet hatte, setzte sich der Nutri-Score durch. Unter anderem gegen eine recht kompliziert anmutende Kennzeichnung, die Vertreter der Lebensmittelhersteller ins Rennen geschickt hatten.

Mein Fazit: Macht uns der Nutri-Score gesünder?

Ich habe mich sehr auf den Nutri-Score gefreut, weil uns aus meiner Sicht eine kundenfreundliche Kennzeichnung fehlt.

Kann der Nutri-Score meine Erwartungen erfüllen?

Gut finde ich:

  • Er ist prominent auf der Vorderseite der Verpackung platziert und springt direkt ins Auge.

  • Außerdem ist er übersichtlich und einfach gehalten. Man erkennt die Bewertung auf den ersten Blick.

Problematisch finde ich:

  • Der Nutri-Score ist nicht verpflichtend. Die Hersteller entscheiden selbst, ob er auf ihr Produkt kommt.

  • Nicht alle Inhaltsstoffe werden berücksichtigt. Sowohl positive wie Vitamine und Mineralstoffe, als auch negative wie künstliche Aromen oder Geschmacksverstärker.

Größter Minuspunkt: Lebensmittel, die hohe Mengen ungünstiger Zutaten enthalten, können eine positive Bewertung bekommen. Das zeigt sich am Beispiel Fruchtzwerge, die trotz Zuckergehalt von 10 % mit einem hellgrünen "B" bewertet werden.

Eine Packung Fruchtzwerge mit Nutri-Score-Kennzeichnung "B" - trotz sehr hohem Zuckergehalt.
Diese Fruchtzwerge enthalten mit 10 % Zucker wirklich sehr viel von einem Stoff, der in hohen Mengen als gesundheitsschädlich gilt. Das grüne "B" suggeriert aber, dass sie unbedenklich, vielleicht sogar förderlich sind. Foto: moon-rabbit (Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Zusammengefasst:

Für mich ist der Nutri-Score ein guter Anfang. Diese Kennzeichnung ist besser als keine Kennzeichnung. Sie hat aber noch Schwächen.

Zum einen müsste sie aus meiner Sicht verpflichtend sein, damit wir beim Einkaufen wirklich alle Lebensmittel vergleichen können. Hersteller haben sicher kein Interesse daran, negative Scores auf ihre Produkte zu drucken. Aber das müssen wir abwarten. Ich lasse mir gern das Gegenteil beweisen.

Beim Berechnungssystem sehe ich Nachbesserungsbedarf. In manchen Fällen funktioniert es für mich zu sehr nach dem Prinzip "Kuhhandel": Hohe Mengen negativer Stoffe werden durch positive Stoffe ausgeglichen. Fruchtzwerge mit 10 % Zucker erhalten die Wertung "B". Das erweckt den Eindruck, das Produkt sei gesund. Doch egal, wie groß der Gehalt gesundheitsfördernder Stoffe ist: Sie werden die negative Wirkung großer Zuckermengen nicht ausgleichen.

Doch ich gestehe: Vielleicht sind meine Erwartungen zu hoch. Ist es überhaupt möglich, eine Kennzeichnung zu finden, die mir zuverlässig sagt, ob ein Produkt gut für mich ist?

Oder ist es unausweichlich beim Einkaufen meinen eigenen Kopf zu benutzen und einen Blick auf die Nährwerttabelle und Zutatenliste zu werfen? Die sind zwar nicht so hübsch und auf der Rückseite der Verpackung, aber es gibt sie. Und sie verraten mir genauer, was in einem Produkt steckt.

Unterm Strich kommt es darauf an, ob uns die Kennzeichnung hilft, gesünder einzukaufen und damit auch gesünder zu essen. Es gibt erste Studien über den Erfolg des Nutri-Score und ähnlicher Kennzeichnungssysteme, aber es sind zu wenige, um wirklich eine Aussage zu treffen:

  • Eine australische Studie zeigt, dass Menschen gesünder einkaufen, wenn sie derartige Kennzeichnungen wahrnehmen.

  • Eine niederländische beobachtet, dass die Lebensmittel seit Einführung eines Nährwertlogos gesünder geworden sind. Die Hersteller haben also den Druck gespürt, ihre Lebensmittel zu verbessern.

  • Zwei französische Untersuchungen kommen wiederum zu widersprüchlichen Ergebnissen: Die eine sagt, der Nutri-Score verbessere die Qualität des Lebensmitteleinkaufs, die andere nicht.

Wie es in Deutschland aussieht, wissen wir wohl frühestens in ein bis zwei Jahren, wenn entsprechende Untersuchungen vorliegen.

Bis dahin gilt: Halte nach dem Nutri Score Ausschau. Aber es schadet nicht, kritisch zu bleiben und den eigenen Kopf zu benutzen. So verlockend es ist, sich auf ein Logo zu verlassen.

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Titelbild: SevenCooks

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